Vorerbschaft

Ordnet der Erblasser Vor- und Nacherbschaft an, so werden die Genannten zeitlich nacheinander Erben (§ 2100 BGB).

Mit der Vor- und Nacherbschaft kann der Erblasser langfristig bestimmen, wer sein Vermögen erhalten soll. Der Erblasser kann auch bestimmen, durch welches Ereignis die Nacherbfolge eintreten soll. In der Regel bestimmt der Erblasser, dass die Nacherbschaft für den Fall eintritt, dass der Vorerbe verstirbt. Es können aber auch andere Ereignisse für den Eintritt der Nacherbfolge festgelegt werden; z.B. eine Wiederheirat des Vorerben oder der Abschluss der Berufsausbildung. Möglich ist auch ein bestimmtes Datum für den Eintritt der Nacherbfolge festzulegen. Legt der Erblasser kein Ereignis oder keinen Zeitpunkt ausdrücklich fest, wird angenommen, dass mit dem Tod des Vorerben die Nacherbfolge eintritt (§ 2106 Abs. 1 BGB).

Setzt der Erblasser jemanden als Nacherben ein, so wird im Zweifel angenommen, dass er auch Ersatzerbe ist für den Fall, dass der Vorerbe bereits verstorben ist (§ 2102 BGB). Ordnet der Erblasser an, dass jemand erst ab einem bestimmten Zeitpunkt oder nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Erbe sein soll, ohne einen Vor- bzw. Nacherben zu benennen, wird angenommen, dass dann die gesetzlichen Erben Vor- bzw. Nacherbe sind (§ 2104 bzw. 2105 BGB).

Zeitliche Begrenzung

Die Nacherbschaft ist zeitlich begrenzt. Tritt innerhalb von 30 Jahren nach dem Erbfall die Nacherbfolge nicht ein, wird die Anordnung der Nacherbfolge unwirksam (§ 2109 Abs. 1 BGB). Von dieser Regel gibt es zwei Ausnahmen: Ordnet der Erblasser die Nacherbfolge für den Fall an, dass in der Person des Vor- oder des Nacherben ein bestimmtes Ereignis eintritt und lebt diese Person zur Zeit des Erbfalles, so wird die Anordnung auch nach Ablauf von 30 Jahren nicht unwirksam (§ 2109 Abs. 1 Nr.1 BGB). Die zweite Ausnahme betrifft den Fall, dass dem Vor- oder Nacherben ein Bruder oder eine Schwester geboren wird und dieser/diese als Nacherbe bestimmt ist (§ 2109 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

Rechtsstellung des Nacherben

Tritt der Nacherbfall ein, so wird der Nacherbe „Erbe“ und zwar direkt von dem Erblasser. Der Vorerbe steht also nicht als weiterer Erblasser dazwischen; auch dann nicht, wenn sein Tod das Ereignis ist, durch das die Nacherbfolge eintritt.

Vor dem Eintritt des Nacherbfalles hat der Nacherbe aber bereits eine nicht mehr entziehbare gesicherte Rechtsposition, ein sogenanntes Anwartschaftsrecht. Dieses Recht kann der Nacherbe seinerseits vererben, es sei denn der Erblasser hat das nicht gewollt (§ 2108 Abs. 2 BGB). Der Nacherbe kann darüber hinaus über sein Anwartschaftsrecht verfügen. Dies bedeutet allerdings auch, dass Gläubiger des Nacherben dieses pfänden können. Der Erblasser kann jedoch dieses Verfügungsrecht ebenso wie die Vererblichkeit des Anwartschaftsrechts ausschließen. Wie bei jeder Erbschaft kann der Nacherbe auch auf die Nacherbschaft verzichten oder sie ausschlagen. Für den Verzicht muss der Nacherbe sein Anwartschaftsrecht auf den Vorerben übertragen.

Rechtsstellung des Vorerben

Bis zum Eintritt des Nacherbfalles ist der Vorerbe Erbe. Er ist somit Inhaber sämtlicher Rechte und Pflichten bezüglich des Nachlasses. Grundsätzlich kann er über alle Nachlassgegenstände frei verfügen (§ 2012 BGB), jedoch regelt das Gesetz einige Ausnahmen, da es Sinn und Zweck der Vor- und Nacherbschaft ist, dem Nacherben die Erbschaft zu erhalten.

Der Vorerbe darf daher insbesondere nicht über Grundstücke aus dem Nachlass verfügen, wenn dies Rechte des Nacherben beeinträchtigt (§ 2113 Abs. 1 BGB). Tut er es dennoch, so ist der Käufer geschützt, wenn er gutgläubig ist. Außerdem darf der Vorerbe aus dem Nachlass nichts verschenken, es sei denn es handelt sich um sogenannte Anstandsschenkungen oder Schenkungen in Erfüllung einer "sittlichen Pflicht" (§ 2113 Abs. 2 BGB).

Alles was der Vorerbe als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Nachlassgegenstandes erhält, gehört ebenfalls zum Nachlass im Nacherbfall und fällt dann an den Nacherben (§ 2111 BGB). Insgesamt ist der Vorerbe verpflichtet, den Nachlass zu verwalten und alles zu tun, um ihn zu erhalten (dazu gehört beispielsweise, dass er Immobilien instand hält und Geld mündelsicher anlegt und die Nachlassverbindlichkeiten erfüllt). Bei der Verwaltung entstehende Unkosten darf er aus dem Nachlass decken.

Von diesen Verpflichtungen kann der Erblasser den Vorerben jedoch auch befreien (§ 2136 BGB). Einzig von dem Verbot Schenkungen aus dem Nachlass vorzunehmen, kann der Erblasser den Vorerben nicht befreien. Eine Befreiung ist – wenn sie nicht ausdrücklich erfolgt – auch anzunehmen, wenn der Erblasser anordnet, dass der Erblasser zur freien Verfügung über die Erbschaft berechtigt ist oder er den Nacherben "auf dasjenige einsetzt, was von der Erbschaft beim Eintritt des Nacherbfalles noch übrig ist" (§ 2137 BGB).