Vermächtnis
Das Gesetz definiert Vermächtnis als Zuwendung eines Vermögensvorteils ohne Erbeinsetzung (§ 1939 BGB). Das heißt, der Erblasser wendet jemandem im Testament einen Teil seines Vermögens zu, ohne ihn als Erben einzusetzen. Derjenige, der mit einem Vermächtnis bedacht ist, wird damit nicht Erbe sondern hat einen Anspruch gegen den Erben auf Herausgabe bzw. Auszahlung des Vermächtnisses.
Nicht immer bezeichnet der Erblasser die Personen, die er bedenken möchte, eindeutig als Erben oder Vermächtnisnehmer, oder er bezeichnet sie falsch. Auch in einem solchen Fall muss das Testament ausgelegt werden und der tatsächliche Wille des Erblassers ermittelt werden. Das Gesetz bietet hierfür Regeln an, nach denen das Testament ausgelegt werden kann. Wenn der Erblasser jemandem lediglich einzelne Gegenstände zuwendet (Erwin schreibt in seinem Testament: "Mein Neffe Nepomuk soll meine Briefmarkensammlung erhalten"), so ist anzunehmen, dass er ihn nicht als Erben einsetzen wollte. Wenn der Erblasser jemandem sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens zuwendet (Erwin schreibt in seinem Testament: "Mein Neffe Nepomuk soll die Hälfte meines Vermögens erhalten, die andere Hälfte überlasse ich meiner Lebensgefährtin Lena.") ohne ihn ausdrücklich als Erben zu bezeichnen, wird dennoch angenommen, dass der Bedachte Erbe sein soll (§ 2087 BGB). Da Laien juristische Fachbegriffe oft nicht richtig verwenden, soll mit dieser Auslegungsregel sichergestellt werden, dass man den Erblasser nicht auf den exakten Wortlaut seines Testaments "festnagelt" sondern seinen mutmaßlichen Willen erfüllt. Trotz dieser Auslegungsregel ist es empfehlenswert, sich mit den Unterschieden von Erbeinsetzung und Vermächtnis zu befassen und dann die Bedachten im Testament genau zu bezeichnen.
Der Erblasser kann bestimmen, wer das Vermächtnis auszuzahlen hat. Dies kann entweder der Erbe sein oder ein anderer Vermächtnisnehmer (sog. Untervermächtnis). Fehlt eine Anordnung darüber, wird angenommen, dass der Erbe das Vermächtnis auszahlen muss (§ 2147 Abs. 2 BGB). Erben mehrere und trifft der Erblasser keine konkrete Anordnung darüber, wer das Vermächtnis auszuzahlen hat, müssen die Erben im Zweifel nach ihrer jeweiligen Erbquote das Vermächtnis auszahlen (§ 2148 BGB). Der Vermächtnisnehmer kann aber das Vermächtnis von jedem Erben in vollem Umfang verlangen. Das Vermächtnis ist eine sogenannten Nachlassverbindlichkeit (wie z.B. auch die Bestattungskosten) für die alle Erben gleichermaßen haften (Gesamtschuld). Die Erben müssen dann untereinander die Zahlung entsprechend ihrer Erbquoten ausgleichen.
Stirbt der mit einem Vermächtnis Bedachte vor dem Erblasser, wird das Vermächtnis unwirksam, es sei denn der Erblasser hat einen Ersatzvermächtnisnehmer benannt (§§ 2160, 2190 BGB). Ebenso wie bei der Erbeinsetzung durch Vor- und Nacherbfolge kann der Erblasser auch beim Vermächtnis bestimmten, dass dieses zeitlich nacheinander verschiedenen Personen zukommen soll. Ein wesentlicher Unterschied zur Erbeinsetzung besteht darin, dass der Erblasser die Bestimmung, wer das Vermächtnis bekommen soll einer anderen Person überlassen darf, wenn er einen konkreten Personenkreis beschrieben hat (Beispielsweise: "einer meiner Neffen").
Mit einem Vermächtnis kann der Erblasser jeden "Vermögensvorteil" zuwenden. Dieser Begriff ist weit zu verstehen und umfasst beispielsweise eine Geldzahlung, die Übereignung einer Sache, die Abtretung einer Forderung, den Erlass einer Schuld, die Einräumung eines Wohnrechts oder die Bestellung einer Grundschuld. In der Regel können nur Vermögensvorteile vermacht werden, die auch im Vermögen des Erblassers enthalten sind. Eine Ausnahme bildet das sogenannte Verschaffungsvermächtnis. Der zur Herausgabe des Vermächtnisses Verpflichtete (also in der Regel der Erbe) muss dem Vermächtnisnehmer den zugewendeten Vermögensvorteil dann verschaffen.
Ebenso kann ein Vermächtnis mit einem Zweck verbunden sein, beispielsweise indem der Erblasser ein Geldvermächtnis für die Finanzierung eines Studiums zuwendet.
Schließlich gibt es das sogenannte Vorausvermächtnis. Damit kann der Erblasser einem Erben einen bestimmten Vermögensvorteil "vorab" zuwenden. Das bedeutet, dass dieser Erbe zunächst das Vermächtnis erhält und erst anschließend von dem Nachlass abzüglich des Vermächtnisses die Erbquoten bestimmt werden. Dieser Erbe erhält daher zusätzlich zu seinem Erbteil das Vermächtnis.