Gesetzliche Erbfolge

Wenn ein Mensch stirbt gibt es immer "Vermögen", das er hinterlässt, denn auch wenn er Schulden hat, sind diese Vermögen — eben negatives Vermögen. Das deutsche Recht lässt es nicht zu, dass Vermögen niemandem zugeordnet werden kann. Es muss daher für jeden Menschen einen "Nachfolger" geben, der in die Rechte und auch die Pflichten (!) des Verstorbenen eintritt. Dieser sogenannte Rechtsnachfolger, erhält sämtliche Rechte und Pflichten des Verstorbenen automatisch im Augenblick des Todes. Dies nennt man Gesamtrechtsnachfolge oder auch Universalsukzession. Geregelt ist die Gesamtrechtsnachfolge in § 1922 Abs. 1 BGB.

Wer kann vererben?

Vererben können nur Menschen, denn Voraussetzung für das Vererben ist das Sterben. Juristische Personen (Bsp. GmbH) oder handelsrechtliche Personengesellschaften (Bsp. OHG) können nicht sterben und daher auch nicht vererben. Die Rechtsnachfolge nach ihnen richtet sich daher nach dem Vereins- und Gesellschaftsrecht.

Wer kann erben?

Juristische Personen können aber Erbe sein. Zwar heißt es in § 1923 Abs. 1, dass Erbe sein kann, wer zur Zeit des Erbfalles "lebt"; maßgeblich ist jedoch dass die Person (juristische oder natürliche Person) rechtsfähig ist. Erbe kann übrigens auch sein, wer zum Zeitpunkt des Todes schon gezeugt aber noch nicht geboren war. Voraussetzung ist lediglich, dass er später lebend geboren wird (§ 1923 Abs. 2 BGB). Ihr ungeborenes Kind,ist also erbberechtigt!

Selbstverständlich kann niemand erben, der selbst bereits verstorben ist. Problematisch kann dies werden, wenn Erblasser und Erbe scheinbar gleichzeitig versterben. Hier kommt es auf den exakten Todeszeitpunkt beider an. Wenn nicht festgestellt werden kann, wer zuerst verstorben ist, wird angenommen, dass beide gleichzeitig verstorben sind. Gesetzliche Erben können nur Verwandte des Erblasser und dessen Ehegatte sein (und der Staat, falls Verwandte und Ehegatte fehlen). Ein eingetragener gleichgeschlechtlicher Lebenspartner steht einem Ehegatten erbrechtlich gleich. Ebenso gibt es heute keinen Unterschied mehr zwischen ehelichen und unehelichen Kindern.

Erben mehrere Personen, so bilden sie eine Erbengemeinschaft nach § 2032 Abs. 1 BGB. Die Erbschaft wird gemeinsames Vermögen aller Erben. Erst wenn diese Gemeinschaft auseinandergesetzt wird, erhält jeder den ihm zustehenden Anteil.

Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn der Erblasser kein Testament gemacht hat. Das Vermögen einer Person soll nach ihrem Tod nicht "herrenlos" sein, deshalb muss es gesetzliche Regelungen geben, auf wen die Erbschaft übergehen soll, wenn der Erblasser dies nicht selbst bestimmt hat.

Mögliche Erben eines Menschen werden im deutschen Erbrecht in Ordnungen und weiter in Stämme unterteilt. Die Verwandten des Erblassers werden zunächst in verschiedene Ordnungen unterteilt. Ein Verwandter einer vorrangigen Ordnung schließt alle Verwandten einer nachrangigen Ordnung aus (§ 1930 BGB). In den ersten drei Ordnungen gilt das Prinzip der Erbfolge nach Stämmen.

Für die Erben erster Ordnung gilt nach § 1924 Abs. 3 BGB, dass zu einem Stamm jeweils die Abkömmlinge eines Erblassers zusammengefasst werden, die durch ein und denselben Abkömmling mit dem Erblasser verwandt sind. Jedes Kind des Erblassers bildet daher mit seinen Abkömmlingen einen Stamm. Jeder Stamm ist zum gleichen Teil zur Erbfolge berufen, egal wie viele Personen im Stamm vorhanden sind. Jeder Stamm wird von dem mit dem Erblasser am nächsten verwandten Abkömmling vertreten. Dieser schließt seine Abkömmlinge von der Erbschaft aus (Repräsentationsprinzip). Erst wenn dieser Repräsentant verstorben ist, treten seine jeweils nächsten Abkömmlinge in die Erbfolge ein (Eintrittsprinzip). Für die Erbschaft in der zweiten und dritten Ordnung gelten dieselben Prinzipien entsprechend. Jede erbberechtigte Person bildet also mit ihren Abkömmlingen einen Stamm und schließt diese von der Erbfolge aus. Erst wenn der Repräsentant verstorben ist, treten die jeweils nächsten Abkömmlinge in die Erbfolge ein. Erben Eltern oder Großeltern so erben sie nach Linien, das heißt, es wird zwischen der väterlichen und der mütterlichen Linie unterschieden. Innerhalb der Linien gilt wiederum das Erbrecht nach Stämmen (§ 1925, 1926 BGB).

Erben erster Ordnung § 1924 BGB

Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers. Kinder erben zu gleichen Teilen (§ 1924 Abs. 4 BGB). Hinterlässt der Erblasser beispielsweise zwei Kinder bekommt jedes Kind die Hälfte der Erbschaft. In dieser Konstellation ist es unerheblich, ob beim Tod des Erblassers noch Eltern, Geschwister, Großeltern oder sonstige Verwandte leben. Seine Kinder sind Erben erster Ordnung und schließen daher alle Erben anderer Ordnungen aus.

Haben die Kinder ihrerseits Kinder, sind diese von der Erbfolge ausgeschlossen (Erbfolge nach Stämmen). Ist eines der Kinder bereits vor dem Erblasser verstorben, treten dessen Kinder in die Erbfolge ein.

Auch ungeborene Kinder sind erbberechtigt, sofern sie später lebend geboren werden.

Adoptivkinder haben dasselbe Erbrecht wie leibliche Kinder.

Erben zweiter Ordnung § 1925 BGB

Hat der Erblasser keine Kinder, sind die Erben zweiter Ordnung an der Reihe. Dies sind die Eltern und deren Abkömmlinge, also Geschwister, Nichten und Neffen des Erblassers. Leben beim Tod des Erblassers beide Eltern noch, erben beide zu gleichen Teilen.

Ist ein Elternteil vorverstorben, treten an seine Stelle seine Kinder, also die Geschwister oder Halbgeschwister des Erblassers in die Erbfolge ein. Der andere Elternteil bekommt die Hälfte der Erbschaft, die andere Hälfte entfällt auf die Geschwister zu gleichen Teilen. Hat der Erblasser keine Geschwister, bekommt der eine Elternteil die gesamte Erbschaft.

Erben dritter Ordnung § 1926 BGB

Wenn beim Tod des Erblassers, weder Abkömmlinge, noch Eltern oder deren Abkömmlinge vorhanden sind (also weder Erben der ersten noch der zweiten Ordnung), so erben die Großeltern und deren Abkömmlinge. Sind nur Großeltern als Erben vorhanden, so erben sie allein und zu gleichen Teilen.

Leben von einem Großelternpaar der Großvater oder die Großmutter nicht mehr, so treten an dessen Stelle dessen Abkömmlinge.

Sind keine weiteren Kinder des Großelternteils vorhanden, so fällt der Anteil an den anderen Großelternteil.

Wenn von einem Großelternpaar niemand mehr lebt und keine Abkömmlinge vorhanden sind, so fällt der Anteil an das andere Großelternpaar.

Erbschaft bei mehrfacher Verwandtschaft § 1927 BGB

Bei weitverzweigten Familien ist es denkbar, dass jemand verschiedenen Stämmen angehört und somit mehrere Erbteile erhält. Gehört er der ersten, zweiten oder dritten Ordnung an, so erhält er jeden ihm aus unterschiedlichen Stämmen anfallenden Anteil als separaten Erbteil (§ 1927 BGB).

Erben vierter und fernerer Ordnung §§ 1928, 1929 BGB

Gesetzliche Erben der vierten Ordnung sind die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (§ 1928 Abs. 1 BGB). Das Folgende gilt auch für die Erben fernerer Ordnungen (alle entfernteren Verwandten des Erblassers und deren Abkömmlinge), da die erbrechtlichen Folgen für Erben vierter und fernerer Ordnungen gleich sind (§ 1929 Abs. 2 BGB). Ab der vierten Ordnung wird die Erbfolge nach Linien aufgegeben, entscheidend ist nun der Grad der Verwandtschaft (§ 1928 Abs. 2, 3, § 1929 Abs. 2 BGB). Urgroßeltern (und fernere Voreltern) erben also zu gleichen Teilen, unabhängig davon, welcher Linie sie angehören. Leben beispielsweise beim Tod von Erwin nurmehr fünf seiner acht Urgroßeltern, so erben sie jeweils 1/5.

Lebt zur Zeit des Erbfalles von den Urgroßeltern niemand mehr, erbt von deren Abkömmlingen derjenige, der mit dem Erblasser dem Grade nach am nächsten verwandt ist. Entscheidend sind dann die Vorschriften über Verwandtschaft aus dem Familienrecht (§ 1589 BGB). Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich gem. § 1589 Abs. 1 Satz 2 BGB nach „der Zahl der sie vermittelnden Geburten“. Im folgenden Beispiel sind also ausgehend vom Erblasser Erwin als erste Geburt, die weiteren Geburten zu zählen: Mutter Eleonore (2), ebenso Vater Elmar (2), Großmutter Grete mütterlicherseits (3) und Großvater Grimbald väterlicherseits (3), Schwester der Großmutter Grete — Vera (4) sowie Schwester des Großvaters Grimbald — Viola (4). Die Söhne von Vera und Viola sind jeweils die fünfte Geburt. Da Veit bereits verstorben ist, würde an seine Stelle seine Tochter Valentina treten. Da sie aber die sechste Geburt in Bezug auf Erwin ist, erhält Victor (fünfte Geburt) die ganze Erbschaft.